Wer sich als Selbständiger auf dem Markt präsentieren möchte, kommt an der Preis-Frage nicht vorbei. Welchen Stundensatz will/kann/darf ich nehmen? Schon diese eine Frage stürzt manch frisch gebackenen Selbständigen in eine Krise. Wenn man über den Preis für die angebotene Leistung nachdenkt, ist man ganz schnell bei ihrem Wert und – besonders, wenn das Angebot einen Herzensangelegenheit ist – ebenso schnell beim Selbstwert.

Ich möchte das Thema Preisfindung von verschiedenen Seiten betrachten. Einmal für die Menschen, die noch nicht im Reinen mit ihrem Angebotspreis sind, zum anderen aber auch für die Menschen, die sich über hohe Preise aufregen oder ärgern.
Kaum ein Thema ist so anfällig für Projektionen, wie das Thema Geld, Wert und Preis.

Der Preis als Ausdruck des Wertes

Wenn wir ein hochpreisiges Angebot sehen, dann fragen wir uns automatisch, ob sich der Wert des Geldes in der Leistung wiederfinden wird.
Frage an dich: Tust du das auch, wenn du eine Leistung für kleines Geld anbietest? Ist deine Leistung tatsächlich auch nur so wenig wert, wie sie kostet?
Viele Menschen, die sich über hochpreisige Angebote aufregen oder sie ablehnen, wünschen sich aber andersherum, dass ihr eigenes niedrigpreisiges Angebot gesehen und wertgeschätzt werden soll.
Wie passt das zusammen?

Man misst hier mit zweierlei Maß. Entweder man sagt: Geld drückt den Wert einer Leistung aus (dann aber bitte in beide Richtungen) oder man sagt, der Preis hat mit dem Gegenwert nicht so viel zu tun. Er ist einfach nur eine Zahl. Und wie man zu dieser Zahl kommt, kann ganz viele verschiedene Gründe haben. Diesen Ansatz finde ich realistischer.

Der Preis als Ausdruck von Zugehörigkeit

Wenn man den Preis vom Gegenwert loskoppelt, dann hat der Preis eine ganz andere Botschaft: Dann sagt er eher etwas darüber aus, welche Zielgruppe man erreichen möchte.

Ein Beispiel: In bestimmten Läden kannst du eine Handtasche für über 10.000 € kaufen. Eine Tasche aus einer ganz bestimmten Haut von einer ganz bestimmten Schlange, von einem namhaften Designer entworfen…
Ist diese Tasche zweckerfüllender als eine Tasche für 150 € aus Rindsleder oder eine Tasche für 20 € aus einem Kunstmaterial? Alle drei erfüllen ihren Zweck. Was also ist der Unterschied?

Die Zielgruppe unterscheidet sich. Jemand der in der Lage ist, 10.000 € für eine Handtasche auszugeben, möchte sich vielleicht nur in Läden aufhalten, wo die Reichen und Schönen aus und ein gehen, wo man hofiert, mit Namen angesprochen und ganz persönlich bedient wird.

Man kauft sich mit der Handtasche also auch ein bestimmtes Lebensgefühl und eine bestimmte gesellschaftliche Zugehörigkeit ein.

Wenn du Menschen aus der Klasse der Vielverdiener als Kunden gewinnen möchtest, müsstest du bereit sein, selbst ebenfalls ein hochpreisiges Angebot zu erstellen und müsstest lernen, dich in diesem Lebensstil zu Hause zu fühlen. Wenn du das nicht möchtest, wenn du deine Kunden eher in der breiten Masse vermutest, dann macht es nicht viel Sinn, in hochpreisige Angebote zu investieren, denn die breite Masse wird es sich nicht leisten können, wenn es wirklich hochpreisig ist.

Es ist also die Frage, welche Menschengruppe du mit deinem Angebot erreichen möchtest.

Der Preis als Selbstauskunft

Das dritte, was der Preis ausdrückt ist: Was möchte (oder muss) ich als Gegenwert erhalten, wenn ich diese Leistung erbringe? Ich glaube, dies ist der schwierigste Punkt für Niedrigverdiener, weil hier die größte Diskrepanz drin steckt. Was ich aus vielen Äußerungen herauslese ist, dass viele Menschen sich eigentlich einen hohen Gegenwert wünschen, sich aber nicht trauen, ihn zu verlangen.

Aus dieser Sicht ist der Preis einfach Ausdruck einer bestimmten Notwendigkeit, also so etwas wie eine Selbstauskunft. Das, was ich verlange, bildet ab, was ich davon bezahlen muss, wie ich leben will und wie viel Zeit mir für meine Tätigkeit zur Verfügung steht.

  • Muss ich eine Familie ernähren?
  • Habe ich Firmen- / Praxisräume oder Gehälter davon zu zahlen?
  • Welchen Lebensstil möchte ich mir ermöglichen?
  • Wie viel Zeit kann und will ich investieren, um das Ganze zu finanzieren?

Aus der Summe dieser Faktoren ergibt sich rein rechnerisch ein bestimmter Preis, den du nehmen MUSST, wenn du alle Faktoren (auch Steuern und Leerlaufzeiten) ehrlich berücksichtigst. Jemand, der einen gut verdienenden Ehepartner hat, kann seine Leistungen zu einem anderen Preis anbieten, als ein Mensch, der davon lebt und seine Familie ernährt.

Da wir nie alle Faktoren anderer Menschen kennen, macht es wenig Sinn, sich zu vergleichen. Es macht aber total Sinn, die eigene Preisgestaltung einmal einer ehrlichen Prüfung zu unterziehen. Gerade, wenn deine Einkünfte bisher nicht reichen, lass eine solche Rechnung mal von einem kaufmännisch denkenden Menschen aufstellen. Vermutlich wirst du hinterher sehen, warum das Geld schon früher zu Ende ist als der Monat.

Willst du wirklich gut verdienen?

Auf diese Frage werden die meisten Menschen vermutlich leicht „JA“ sagen.
Aber die Frage, die man direkt in Folge stellen muss ist: Bist du bereit, den Preis dafür zu zahlen?

Hier liegt das Dilemma: Klar, so viel Geld zu verdienen, dass es sich richtig leicht leben lässt und das Thema Geld keine Sorgen mehr bereitet – wer will das nicht?! Bei der zweiten Frage wird es dann schwierig. Denn häufig wird übersehen, dass ein hohes Einkommen zu generieren einen Preis hat.

Der Preis, den du zahlst:
Das Aufgeben der Komfortzone. Wenn du deine gewohnte Einkommensklasse verlassen möchtest, musst du vielleicht andere Preise aufrufen. Das konfrontiert dich mit der Wertfrage: Reicht die Leistung die ich erbringe für einen höheren Preis? Oder wird mein Angebot (werde ich) dann vielleicht abgelehnt? Diese Angst berührt meistens sehr stark den Selbst-Wert sowie die Zugehörigkeit, weshalb sie sich sehr groß anfühlen kann.

Ein weiterer Preis, den du zahlst: Du weckst den Neid anderer Menschen. Menschen, die neidisch sind, sind häufig selbst nicht bereit, genau die Schritte zu gehen, die es braucht, wenn man finanziellen Erfolg haben will. Sie sind nicht bereit, den Preis zu bezahlen. Wenn du JA zu finanziellem Erfolg sagst, ist der Neid ein Preis, den du unterwegs zahlen wirst.

Wenn du selber bisher Menschen mit hohem Einkommen abgewertet oder argwöhnisch betrachtet hast, wirst du ahnen, dass genau das Gleiche auch dir passieren kann, wenn du plötzlich in die Liga der Gutverdiener aufsteigst.

Wer selbst zu einem hohen Einkommen keine positive Haltung hat, der wird es nicht anstreben wollen, weil er immer befürchten muss, dass er genauso abgewertet wird, wie er es selbst mit anderen tut.
Diese Vorstellung ist nicht attraktiv.
Insofern braucht es erst einmal eine Aussöhnung mit denen, die richtig gut verdienen.

Wie schaust du auf Gutverdiener?

  • Kannst du sie wertschätzen?
  • Kannst du sie neidfrei dafür anerkennen, dass sie wissen, wie Geldverdienen geht?
  • Bist du bereit, dir von ihnen etwas abzuschauen?
  • Bist du bereit, die gewohnte Bezugsgruppe der Minderverdiener zu verlassen?

Das ist leichter gesagt als getan. Es gibt in Teilen unserer Gesellschaft immer noch so etwas wie eine unbewusste Überzeugung, dass in hohem Einkommen etwas Unehrenhaftes mitschwingt und der Arme so etwas wie der ehrlichere, bessere Mensch ist.

Solange dies noch wirkt und dein inneres Verhältnis zu deinem Wunscheinkommen nicht bereinigt ist, so lange werden dir deine unbewussten Glaubenssätze immer wieder einen Strich durch deine finanziellen Bemühungen machen.

Wenn du die vier Fragen ganz ehrlich in dir wirken lässt, wie fallen die Antworten aus?
Wie reagierst du auf Menschen, die lustvoll in Wohlstand oder Reichtum leben?

Vielleicht kannst du das Thema für dich selbst auf eine neue gedankliche und emotionale Basis stellen. Denn du weißt ja: Das Leben folgt immer deiner inneren Ausrichtung. Erst wenn die alten Glaubenssätze und tief abgespeicherten Überzeugungen mental und emotional aufgelöst oder überschrieben sind, wird der Weg frei für dein Wunscheinkommen. Dann wird dein Handeln neue Früchte tragen.

Ich wünsche dir, dass die Knoten aufgehen mögen!

Und falls nicht: Aufstellung kann helfen. Sobald Corona es zulässt, sind wir wieder für euch am Start in Köln und Essen.

Barbara Grebe